„Freiheit ist die Einsicht in die Notwendigkeit.“
Das ist ein Satz von Hegel, der gern im Marxismus gebraucht wurde,
und zwar in einem zynischen Sinne als Mittel zur Unterdrückung.
Zumeist wurde er auch nicht verstanden, aber der Satz ist richtig.
Die Einsicht in die Naturnotwendigkeiten oder die Naturgesetze macht mich frei.
Wenn ich die Gesetze der Schwerkraft verstehe und beherrsche
(und noch ein paar mehr),
dann bin ich in der Lage, sie anzuwenden und schließlich zu fliegen.
Und dann kann ich mit Reinhard Mey singen:
„Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein...“
Für uns ist es wichtig festzuhalten,
dass Freiheit und Notwendigkeit einander nicht widersprechen.
Sie liegen nicht auf der gleichen Ebene.
Ich unterliege als physischer Körper gänzlich den Gesetzen der Physik,
aber ich kann gerade durch Einsicht, Gebrauch und Anwendung dieser Gesetze frei sein.
In meiner Einsicht schaue ich gewissermaßen aus dem Reich der Freiheit in
das Reich der Notwendigkeit hinein und verstehe, was darin abläuft.
Die Einseitigkeit dieses Satzes liegt darin,
dass er Freiheit vor allem im Verhältnis zur (Natur-)Notwendigkeit bestimmt.
Wir folgen darum nun dem Thema Freiheit mehr in der Richtung der Einsicht.
Die Einsichtsfähigkeit des Menschen schenkt ihm die Freiheit.
Diese Fähigkeit ist die Fähigkeit zur Distanznahme.
Ich nehme Abstand und betrachte die Dinge, die Menschen, ja mich selbst.
Freiheit und Distanznahme können fast wechselweise, fast synonym gebraucht werden.
http://www.sankt-georgen.de/leseraum/gertler2.pdf